Markus Schütte im Interview: Wir sind gekommen, um zu bleiben

07.09.2023 | Fussball Allgemein
Markus Schütte im Interview: Wir sind gekommen, um zu bleiben

Der SC Spelle-Venhaus ist nach sechs Spieltagen Schlusslicht. Der Regionalliga-Aufsteiger macht viel richtig, befindet sich aber auch noch im Lernprozess. „Wir sind gekommen, um zu bleiben“, sagt Markus Schütte. Im Interview erklärt der sportliche Leiter, was dabei wichtig ist.

Sechs Spieltage sind vorbei. Der SC Spelle-Venhaus ist Schlusslicht der Tabelle. Wie groß ist der Unterschied zwischen Regionalliga und Oberliga?

Sportlich hat die Regionalliga die erwartete neue Größenordnung! Wir waren sehr froh, dass wir das erste Spiel gegen Eimsbüttel vor heimischem Publikum nach nervösen ersten 60 Minuten und 0:2-Rückstand gewinnen konnten. Wir wussten aber, dass ganz andere Mannschaften auf uns zukommen. Mannschaften, die teilweise morgens und nachmittags trainieren, und viele Spieler, die schon jahrelang in der Regionalliga oder höher gespielt haben. Also ein neues Kaliber.

Die technisch-organisatorischen Anforderungen in der Liga hatten wir in diesem Umfang nicht erwartet. Dass wir einen Zaun aufstellen mussten, okay. Dass man aber z.B. einen Moderator braucht (ansonsten muss der Verein eine Strafe zahlen), um das Heimspiel live zu kommentieren, war uns komplett neu. Dass wir mit Manfred Brämsmann und Matze Korte hier Unterstützer haben, die das mit Begeisterung ausfüllen, ist ein Glücksgriff für den SCSV. Das ganze Drumherum ist sehr zeitintensiv. Eine sehr gute Teamarbeit ist nötig. Das ist mit der Oberliga überhaupt nicht zu vergleichen. Nicht von ungefähr stellt so gut wie jeder Regionalligist einen hauptamtlichen Geschäftsführer.

Wir vom Verein sind verdammt stolz, dass der ganze Aufwand besonders bei den Heimspielen vom Kassierer-Team, Kiosk-Team, Technik-Team, Jugend- und Herrenmannschaften, Damenmannschaft, Stadionsprechern und Social-Media-Team so gelebt und unterstützt wird. Ohne das Ehrenamt wäre die Regionalliga bei uns nicht möglich.

 

 Wie schwer ist es, mit der neuen sportlichen Situation umzugehen?

Ich würde lügen, wenn ich sage, wir schütteln das mal so ab. Seitdem Hanjo und ich dabei sind (seit 2018), hatten wir keine zwei Spiele in Folge verloren. Die bisherigen Niederlagen haben Gründe, die im Team analysiert und besprochen werden. Ein, zwei Tage schütteln, positiv nach vorne schauen, um das nächste Spiel anzugehen. Wir sind nicht in der Regionalliga, um uns zu beklagen oder in Selbstmitleid zu verfallen. Wir sind in der Liga, um zu bleiben. Hierfür bekommt die Mannschaft und das Team um das Team bis zum letzten Spieltag unsere volle Unterstützung.

 

Was klappt schon, in welchen Bereichen muss der SCSV noch besser werden?

Besonders gegen Lohne hat man erkannt, dass wir uns weiterentwickelt haben. Man muss aber auch in den bisherigen Spielen sehen, dass die Vereine bis auf Eimsbüttel im Verhältnis zu uns den doppelten, dreifachen, vierfachen oder sogar fünffachen Etat haben. Das ist in Ordnung, aber das wirkt sich natürlich auf die Qualität der Spieler aus. Das heißt aber nicht, das wir gegen alle chancenlos waren und sind. Unsere Jungs haben überhaupt nicht enttäuscht! Sie geben alles. Der SCSV kann sich auf sie genau wie auf die Ehrenamtlichen hundertprozentig verlassen.

An der Infrastruktur muss sich im nächsten Jahr, unabhängig von der Liga, sicherlich noch was tun. Hier laufen Gespräche auch mit der Gemeinde. Aktuell stellen wir uns mit Versorgungsständen noch breiter auf, um längere Wartezeiten bei gut besuchten Spielen zu vermeiden. Der Verein hat drei gebrauchte Container kostengünstig bekommen. Einer wird hinter dem Gästetor zum Verkaufsstand umfunktioniert. Die Flutlichtanlagen werden 2024 alle auf LED-Beleuchtung umgestellt. Ein weiterer Kunstrasenplatz ist für 2025 geplant. Das sind aber alles Maßnahmen die die komplette Fußballabteilung betreffen. Wir wissen um die große Aufmerksamkeit für die 1. Mannschaft, haben aber noch über 40 weitere Mannschaften. Das ehrenamtliche Engagement aller Trainer und Betreuer im Verein ist groß. Sie leisten wichtige Arbeit.

  

Hat der SCSV es verpasst, erfahrenere Spieler zu verpflichten?

Ein klares Nein! Wir waren uns einig, dass wir den Spielern, die den Aufstieg geschafft haben, die Möglichkeit zu geben, das Abenteuer Regionalliga anzugehen. Wir wollen Spielern aus der eigenen Jugend und aus der Region die Chance bieten, in einem familiären Umfeld so hoch wie möglich Fußball zu spielen. Dazu haben wir ein Budget, das mit unser Philosophie absolut passt. Auch die Neuzugänge haben uns nicht enttäuscht. Sie passen super zur Mannschaft und zum Verein. Steffen Schepers wünschen wir, das er schnellstmöglich auf den Platz zurückkehrt und zeigen kann, was er drauf hat. Wir brauchen jeden Spieler, damit wir unser großes Ziel Klassenerhalt erreichen.


Gab es Überlegungen, noch Spieler zu holen?

Ich bin froh, dass die Transferperiode bis zum Winter vorbei ist. Auch das war vom Aufstieg bis zum 1. September eine Situation, mit der ich so nicht gerechnet hatte. Über 200 Spieler aus dem In- und Ausland haben sich selbst oder über ihren Berater bei mir gemeldet. Keine von diesen Anfragen war für uns realistisch. Einige Jungs stehen jetzt bei Liga-Konkurrenten unter Vertrag und spielen nur Fußball. Wir bleiben unserer Linie treu! Maximal Minijob und Spieler aus dem Umkreis! 

  

Sind im Winter Veränderungen möglich?

Hanjo und ich sind im ständigen Austausch. Sicherlich werden wir schauen, was sportlich, aber auch finanziell möglich ist. Leider sind wir von Verletzungen nicht verschont geblieben und hoffen, dass Marcel Ruschmeier und Bernd Lichtenstein schnellstmöglich wieder einsatzfähig sind. Auch Hubi Elpermann und Torben Stegemann sind immer wieder angeschlagen.

 

Die Fans und Zuschauer sind geduldig. Woher resultiert die unglaubliche Unterstützung auch in schwierigen Situationen?

Die Zuschauer identifizieren sich mit der Mannschaft und dem Speller Weg. Es gibt keine überzogenen Erwartungen. Daraus resultiert die tolle Unterstützung. Das ist sehr erfreulich und zeigt, dass wir in den letzten Jahren vieles richtig gemacht haben. Auch das Niveau in der Regionalliga und andere Mannschaften als in den Vorjahren machen sicherlich neugierig.  

 

In der sportlichen Tabelle liegt Spelle am Ende. In der Zuschauerstatistik zählt der SCSV zur Spitzengruppe. Hat er mit so viel Interesse gerechnet?

Wir haben in den ersten drei Heimspielen über 3000 Besucher gehabt. Mit dem Schnitt von 1013 Fans pro Spiel liegen wir in der Zuschauertabelle hinter dem SV Meppen und dem VfB Oldenburg. Es wäre sensationell, wenn die Kulisse so groß bliebe. Sonntag dürfte unser Spiel gegen den Tabellenzweiten Phönix Lübeck wieder für gute Zahlen sorgen.

 

Fotos: Werner Scholz/SC Spelle-Venhaus

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